Thema: Altlasten in Stemwede - Bockhornshorst und kein Ende
- 1997 - Baugenehmigung für 10 Anlagen liegt schon vor dem Ratsbeschluß vor
- September 2016 - Antrag eines potenziellen Investors auf Aufhebung des Bebauungsplans 2.14 Windpark Bockhornshorst zur Errichtung zweier neuer Anlagen, ->Beschlussvorlage im Gemeinderat
- Oktober 2016 - Antrag wird zurückgezogen
- November 2016 - Erkenntnis dass Bebauungsplan von 2003 aufgrund von Formfehlern offenbar gar nicht rechtskräftig ist -> geplante Beschlussvorlage für den Gemeinderat
- Dezember 2016 - Bürgermeister Kai Abruszat wird die Aufhebung des Bebauungsplans 2.14 „Windpark“ empfehlen, öffentliche Sitzung des Gemeinderats am Mi, 14.12.2016 17:00 Uhr
Kai Abruszat übt erneut Kritik an Bund und Land, die „mehr oder weniger planlos“ die Energiewende voranbringen wollten und die Kommunen bei der Umsetzung alleine ließen.
Abruszat:
„Ein Bebauungsplan ist kein taugliches Instrument, um Festlegungen des FNP zurückzunehmen“, dennoch werde die Verwaltung mit Blick auf die aktuelle Rechtsprechung prüfen, ob ein Bebauungsplan innerhalb des rechtlichen Rahmens zusätzlichen Schutz bieten könnte. Das sei sie den Bürgern schuldig, die sich seit 2003 auf die Schutzwirkung des bestehenden Bebauungsplans verlassen hätten!
Eine Überprüfung des 2003 in Kraft getretenen Bebauungsplans Windpark im Bereich der Konzentrationszone „Bockhorns Horst“ hat ergeben, dass er aufgrund von Formfehlern offenbar gar nicht rechtskräftig ist.
Ein entsprechendes Schreiben hatten die Ausschussmitglieder am Vortag der Sitzung vom 16.11.2016 von Bürgermeister Kai Abruszat erhalten. „Wenn man sich den Bebauungsplan anguckt, stolpert man über einiges“, leitete Rechtsanwalt Thomas Tyczewski in der Sitzung seine Erläuterungen zu den formalen Mängeln ein. Zum einem habe der Bürgermeister sämtliche Schritte des Aufstellungsverfahren am 12. März 2003 unterschrieben. Diese Schritte (Ratsbeschluss, öffentliche Bekanntmachung etc.) bauten aber aufeinander auf und müssten daher auch nacheinander dokumentiert werden, da der Plan sonst unwirksam sei.
Laut Tyczewski gibt es eine Reihe von weiteren Ungereimtheiten, aber nicht bei allen könne man der Verwaltung einen Vorwurf machen. Ähnliche Formfehler, etwa das fehlende Auslegen einer DIN-Vorschrift im Rathaus, kämen auch in anderen Kommunen vor.
Unter dem Strich steht die Erkenntnis, dass der Bebauungsplan einer Überprüfung vor Gericht wohl nicht standhalten würde. Einfach ignorieren lässt sich ein unwirksamer Plan allerdings nicht. Er muss formal aufgehoben werden. Die Entscheidung über das weitere Vorgehen vertagte der Ausschuss auf die nächste Ratssitzung am 14. Dezember.
Jörg Thielbürger aus Oppenwehe reagierte im Namen der Anwohner der Konzentrationszone noch gestern Abend mit einer Stellungnahme. „Wir alle sind fassungslos und besorgt. Sobald der Bebauungsplan aufgehoben ist, haben die Investoren Narrenfreiheit und die hier lebenden Menschen müssen Schattenschlag und 24 Stunden lang Dauerlärm ertragen“, schreibt er. Ohne gültigen Bebauungsplan können grundsätzlich in der gesamten Konzentrationszone Anlagen gebaut werden, allerdings müssen in jedem Einzelfall Mindestabstände eingehalten und Beeinträchtigungen der Anlieger geprüft werden.
Es sei unverständlich, dass sich der Bauausschuss nicht gleichzeitig um einen neuen, korrigierten Bebauungsplan bemühe, kritisierte Thielbürger. „Angesichts der Größe der geplanten Windenergie-Giganten sollten unsere politischen Vertreter vor allen Dingen an die Anwohner denken. Wir bleiben dabei: Ein Bebauungsplan ist unbedingt notwendig! Wir hoffen alle, dass sich die zuständigen Gremien mit der Aufstellung eines rechtssicheren Bebauungsplanes befassen werden. Insgesamt verliert man das Vertrauen in Politik und Verwaltung. Es ist ein Desaster“, so das ehemalige Ratsmitglied Thielbürger.
Ohne Diskussion und einstimmig wurde dagegen die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens für 13 für die Konzentrationszone „Tiefenriede“ vorliegende Bauanträge beschlossen. Die Gamesa Energie Deutschland GmbH möchte in Drohne und Haldem in der Konzentrationszone „Tiefenriede“ zehn Windkraftanlagen des Typs Gamesa G 132 mit einer Gesamthöhe von 206 Metern, einem Rotordurchmesser von 132 Metern und jeweils fünf Megawatt Nennleistung errichten. Die geplante Erschließung des Windparks erfolgt über die A1 (Abfahrt Bramsche), die Bundesstraßen 218 und 51, Haldemer Straße, Drohner Straße, Bohmter Straße und Ilweder Straße.
Außerdem liegen dem Kreis Minden-Lübbecke Bauanträge von Wilfried Winkelmann aus Stemwede für drei Windräder in der „Tiefenriede“ in Drohne vor mit Gesamthöhen von 207, 150 und 192 Metern, einem Rotordurchmesser von 115 bis 120 Metern und einer Nennleistung von jeweils drei Megawatt. Die Anlagen sollen über die Drohner Straße und ein kurzes Stück der Gemeindestraße „Unter den Eichen“ beziehungsweise einen gemeindlichen Weg erschlossen werden.
Der Windkraftstandort Bockhornshorst, seinerzeit Symbol für die fortschrittlichen Umweltpolitik in Stemwede könnte sich zu einem weiteren Windmonster-Areal entwickeln. Anwohner befürchten, dass findige Windkraftspekulanten sich an einem Repowering der derzeit wohl weitestgehend akzeptierten 77,5-Meter Turbinen versuchen werden.
Nicht dass die „kleinen" Anlagen einigen direkten Anliegern mit ihrer unüberhörbaren Lärmbelastung das Leben schon schwer genug machen würden, es bestehen nun auch konkrete Ängste, dass es, ähnlich wie bei der Genehmigung der bestehenden Kraftwerke 1997 auch dieses Mal wieder zu Ungereimtheiten im Genehmigungsverfahren kommen könnte.
Gespeist werden diese Ängste von der Erinnerung daran, dass die Baugenehmigung für 10 Einzelanlagen vom Typ Nordex 600 KW N43 schon 2 Wochen vor dem Beschluss des stemweder Gemeinderats erteilt wurden, der genau über diesen Bauantrag beschließen sollte.
Wir erinnern nun noch einmal ausdrücklich an die Stellungnahme zur 53. Änderung des Flächennutzungsplans, in der steht:
Bei der Standortfindung einer Kernzone für Windenergie in der Gemeinde Stemwede, ist es daher absolut unzulässig, Vorbelastungen durch die Windräder des Windparks in Oppendorf in das Bewertungs- und Entscheidungsverfahren in irgendeiner Form einzubeziehen.
„Dat mut flott gohn“ – Bitte kein Hauruckverfahren in der Bockhorns Horst in Stemwede
Leserbrief zum Thema: Antrag auf Aufhebung des Bebauungsplans 2.14 Windpark Bockhornshorst, öffentliche Ratssitzung am 15.09.2016, Festhalle Levern, 32351 Stemwede-Levern, kleine Halle.
Die selbe Prozedur wie 1997? - Es muss mal wieder schnell gehen!
Liebe Gemeinderatsmitglieder, überlegt bitte nicht zu lange.
Die Eile der Wind-Investoren verwundert ja kaum, da sich die Rahmenbedingungen im EEG ab 2017 ändern, und sich die meisten Miniprojekte dann nicht mehr lohnen.
Wir fragen uns, was sollen zwei Monsterräder bewirken, außer einer Verspargelung der Landschaft, welche ja ausdrücklich durch das Verfahren zur Konzentration von Wk-Anlagen verhindert werden sollte (Stichwort: Ausweisung von Vorranggebieten)?
Soll nun unser Gemeinderat auf die Schnelle ein paar wenige Investoren beglücken?!
Wenn man, wie jetzt, durch die Gemeindeverwaltung vorgeschlagen, den alten Bebauungsplan einfach aufhebt, um den Investoren freie Fahrt zu genehmigen, könnten diese und andere Fragen kaum noch angemessen erörtert werden.
Dann können die Kapitalanleger wieder schalten und walten wie es ihnen gefällt!
Es bedarf vielleicht doch etwas mehr Beratungszeit, als dass man das Thema in Kürze durchwinkt oder, noch schlimmer, die Genehmigung schon erteilt, bevor der Rat entschieden hat, so geschehen im bei der Genehmigung des bestehenden Windparks im Jahr 1997.
Es kommt ja wahrscheinlich auch nicht von ungefähr, dass die Investoren die Gemeinde und die Öffentlichkeit so kurz vor dem Jahresende mit ihrem Windpark in der Bockhorns Horst beglücken wollen.
Die Bürgerinitiative „VETO!“ empfiehlt dem Gemeinderat den Antrag etwas intensiver zu beraten und auch andere Meinungen einzuholen, bevor man dieses brisante Thema im Hauruck entscheidet.
Wolfgang Klawitz und Rainer Wehdebrock, Bürgerinitiative VETO!